Marienvesper

In Festis B. Mariæ Virginis
Hildegard von Bingen (1098-1179)

 

Zu Hildegard von Bingen und dem Kontext ihrer Lieder

 

Hildegard von Bingen war eine außergewöhnliche Frau ihrer Zeit. Die rheinische Äbtissin schrieb eine Unmenge an Werken, die sich mit Fragen der Theologie, mit ihren eigenen Visionen und mit der Musik befassen. Hildegard war die erste deutsche Naturforscherin, die erste schreibende Ärztin und Heilerin, Komponistin, Malerin, Theologin und Äbtissin des von ihr gegründeten benediktinischen Klosters Rupertsberg am Rhein.

 

Als geistige Führerin ihrer Zeit erteilte sie Päpsten und Kaisern Rat und Weisung und scheute auch nicht die Kritik an deren Entscheidungen. "Prophetissa teutonica" hat man sie schon zu Lebzeiten genannt, eine Sybille vom Rhein.

 

Der Jungfrau und Mutter Gottes Maria hat Hildegard die meisten ihrer Hymnen, Antiphone und Responsorien gewidmet. Sie stand im Mittelpunkt ihrer Verehrung, sie war die verkörperlichte „prima materia“ (Urschoß). Materia: ein Schlüsselwort bei Hildegard, denn in ihm steckt das Wort „mater“ gleich Mutter. Und ohne diese „prima materia“ war auch Gottes Schöpfung nicht möglich, so Hildegards Sicht der Schöpfung.

 

Uns beschäftigt, seit wir die Lieder von Hildegard singen, sehr die Frage, wann und wo denn ihre Musik erklang.

In den Klöstern bestimmen Stundengebete (Horen) seit je her den Ablauf eines Tages. Im Mittelalter wurde der Tag in acht Phasen eingeteilt, denen eigene liturgische Gesänge zugeordnet wurden. Für unser Programm haben wir eine der großen Horen, die Vesper, die zum Sonnenuntergang gebetet wurde, ausgesucht. In ihrem Mittelpunkt steht das tägliche „Magnificat“ – das Jubellied der Maria. Es ist anzunehmen, dass die Lieder von Hildegard auch während der Vesper in ihrem Kloster erklangen, denn die Kompositionen der Hildegard von Bingen sind ohne jeden Zweifel liturgische Musik und fanden Verwendung in der Feier des Gottesdienstes und der Stundengebete.

 

Im Zuge des Bemühens um historische Aufführungspraxis ist es darum ein wichtiger Aspekt sich zu vergegenwärtigen, dass Konzerte mit liturgischer Musik außerhalb des gottesdienstlichen Kontextes im 12. Jahrhundert völlig unbekannt waren. Die Anlehnung dieses Programms an den Aufbau einer Vesper mit Liedern der Hildegard von Bingen aber auch mit den dazugehörigen Psalmen und ihren Psalmtönen mögen uns wie auch den Zuhörern dabei helfen, diese Zusammenhänge zu erleben zu fühlen und vielleicht sogar zu begreifen.

 

Zwei Marien-Offizien aus zwei Antinphonarien der Kölner Diözesan- und Dombibliothek aus dem 13. Jahrhundert dienen uns dabei als Rahmen. Sie wurden am 15. August, Mariä Himmelfahrt, dem wichtigsten Marienfest im Jahr im Kölner Clarissen Kloster gesungen.

 

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Besetzung:

Ars Choralis Coeln 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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